Tag des Sieges: In Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges
In wenigen Tagen feiern alle Nationen, die eine Rolle im zweiten Weltkrieg gespielt haben, ein besonderes Ereignis: Den Sieg über das Deutsche Reich im Jahr 1945. Je nach Land variiert das Datum zwischen dem 8. und 9. Mai, da der Oberbefehlshaber der deutschen Wehrmacht die Urkunde über die bedingungslose Kapitulation in der Nacht unterzeichnete. Russland und die ehemaligen Sowjetrepubliken feiern den Tag des Sieges seit 1965 am 09. Mai. Seit 1995 ist dieser Tag einer der wichtigsten Feiertage der Russischen Föderation.
Doch erst einmal einige Hintergrundinformationen zu diesem besonderen Tag. Wie bereits erwähnt, wurde in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945, genau genommen um 0:16 Uhr deutscher Sommerzeit, die Urkunde der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht vom deutschen Oberbefehlshaber im sowjetischen Hauptquartier Berlin-Karlshorst unterschrieben.
Seit dem Jahr 1995 wurde erstmals wieder eine Parade abgehalten, bis 2008 jedoch ohne den Einsatz von Militärtechnik. Der russische Präsident Wladimir Putin brachte vom ersten Tag seiner Regierungszeit sowjetische Symbole zurück – und sprach als erster Präsident über die Opfer des zweiten Weltkrieges in seiner eigenen Familie. Der Tag des Sieges sollte Einheit symbolisieren, wobei der rote Stern der Sowjetunion durch die Farben der russischen Fahne und des Sankt-Georgs-Bands ersetzt wurden. Das schwarz-orangene Band ist heute ein in Russland weit verbreitetes Zeichen der Anteilnahme an dem Ereignis.
Auch die traditionelle Militärparade wurde langsam wieder eingeführt und am 9. Mai 2008 fuhren zum ersten Mal nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder Panzer und Kampfflugzeuge auf. Zwei Jahre später, am 65. Jahrestag des Ereignisses, nahmen erstmals auch Streitkräfte aus dem Vereinigten Königreich, den Vereinigten Staaten sowie aus Frankreich und Polen an der Parade teil. Auch ehemalige Sowjetrepubliken wie Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan, Moldawien, Tadschikistan, Turkmenistan und die Ukraine waren durch Truppen auf dem Roten Platz vertreten. Mit 10.500 russischen Soldaten, von denen einige in historischer Uniform marschierten, war dies die größte Parade in Moskau seit 1945. In 71 anderen Städten Russlands fanden ebenfalls Paraden statt, an denen sich insgesamt 100.000 Soldaten beteiligten. Neben Den Staatsoberhäuptern aus Polen und China, war sogar die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel anwesend und verfolgte die Parade sitzend neben Wladimir Putin.
Unsterbliches Regiment (Bessmertny polk)
Im Anschluss an die Siegesparade findet seit einigen Jahren die Aktion „Untersterbliches Regiment“ statt. Dabei versammeln sich die Teilnehmer zu einem Gedenkmarsch und tragen die Bilder ihrer Familienangehörigen, die im Krieg gekämpft haben. Auch der russische Präsident Wladimir Putin trägt das Bild seines Vaters, der Soldat im zweiten Weltkrieg war. Bereits im Jahr 1965 gab es Märsche mit ähnlichem Charakter: Schüler marschierten mit Bildern von Veteranen durch das russische Nowosibirsk. Die Veranstaltung in heutiger Form fand im sibirischen Tjumen im Jahr 2007 unter der Bezeichnung „Parade der Sieger“ statt. In den Folgejahren schlossen sich weitere Städte, wie Kemerewo, Kasan und auch Nowosibirsk sowie Moskau im Jahre 2010 an. Unter dem aktuellen Namen fand die Aktion erstmals 2012 in der Stadt Tomsk statt. Ein Jahr später fand sie dann bereits in 30 Städten statt und im Jahr 2014 in 120 Städten, unter anderem in der Ukraine und in Kasachstan. Im Jahr 2015 beteiligten sich dann 500 Städte an der Aktion „Unsterbliches Regiment“.
Deren Ziel ist die Ehrung der Familienmitglieder, die als Kriegsveteranen, Partisanen, Untergrundkämpfer und KZ- Insassen oder in anderer Form eine Rolle im zweiten Weltkrieg gespielt haben.
Wie ist der Ablauf an diesem Tag und wer kann die Parade live miterleben?
Während meiner Reiseplanung war es mir sehr wichtig, am 9. Mai in Moskau zu sein, denn wann könnte ich diese Parade, die ich jedes Jahr im Fernsehen verfolgt habe, schon einmal live sehen? Allerdings solltet ihr für eure Reise nach Moskau bedenken, dass der Rote Platz während der Vorbereitungen zur Siegesparade nicht immer besichtig werden kann. Diese beginnen zwar schon einige Wochen zuvor, doch insbesondere wenige Tage vorher und auch am Tag der Veranstaltung kann es im Rahmen der Sicherheitsvorkehrungen und der vorausgehenden Proben zu eingeschränkter Passierbarkeit des Metrosystems sowie zu Absperrungen im Zentrum führen. Leider ist es für Touristen und auch für die meisten Moskauer sehr schwierig, die Militärparade am Tag des Sieges auf dem Roten Platz live zu sehen. Zu dieser Militärparade werden wichtige Politiker, ranghohe Militärs sowie besondere internationale Gäste und Kriegsveteranen eingeladen. Man muss also entweder eine Einladung bekommen oder einen Besucherausweise beantragen. Allerdings ist es möglich, einen Teil der marschierenden Kolonne nach der Militärparade auf dem Weg vom Roten Platz zu sehen – entweder auf dem Gartenring oder auf der Straße Nowyj Arbat. Außerdem wird die Militärparade auf großen Leinwänden in den Moskauer Parks live übertragen. Am Abend kann man sich dann das feierliche Feuerwerk auf vielen Plätzen und in den Parks der Stadt anschauen. Auf dem Poklonnaja Berg nahe dem Triumphbogen findet an diesem Tag das Hauptfeuerwerk statt.
Falls ihr euch fragt, woher ihr die schwarz-orangenen Sankt-Georgs-Bändchen bekommt: Diese werden in großer Anzahl kostenlos in der Stadt verteilt. Damit könnt ihr eure Anteilnahme und euren Respekt gegenüber den tapferen Soldaten ausdrücken.
Viele russischen Bürger und auch Ausländer, die in Russland leben, nutzen diese Tage zum Durchatmen und nehmen sich in dieser besonderen Woche einige Tage frei. Ich schaue mir jedenfalls schon zwei Tage zuvor die Generalprobe der Parade an und freue mich sehr, die Feierlichkeiten auch am 9. Mai live mitzuerleben – wenn auch aus einiger Entfernung.
Letztendlich ist es wichtig zu erwähnen, dass es an diesem Tag nicht nur um den Sieg über den Feind in Form der deutschen Wehrmacht geht. Er soll vor allem auch an das unglaublich große Leid und die 25 Millionen Menschen erinnern, die im Zweiten Weltkrieg auf Seiten der ehemaligen Sowjetunion ihr Leben lassen mussten.