Deutsche Architektur in St. Petersburg
Sankt Petersburg wurde nach westeuropäischem Vorbild errichtet. Im 18. Jahrhundert verliehen Architekten aus unterschiedlichen Ländern der Stadt ihr ganz spezielles Erscheinungsbild. Darunter waren auch zahlreiche Deutsche Baumeister, deren Werke bis heute zu bestaunen sind. Ihren Beitrag möchte ich im folgenden Artikel genauer aufzeigen.
Einige der berühmtesten Bauten der Stadt an der Newa sind Kreationen deutscher Architekten. Der prächtige Palast in Peterhof etwa, der die Sommerresidenz der Zarenfamilie war, wurde vom ursprünglich preussischen Baumeister Andreas Schlüter fertig gestellt. Er leitete die Arbeiten und hatte 1701 bereits das sagenumwobene Bernsteinzimmer designt. Ebenfalls eine Erschaffung deutscher Planer ist die Neue Eremitage, die zwischen 1839 und 1852 erbaut wurde. Einer der Hauptvertreter des Klassizismus, Karl Schinkel, bekam den Auftrag vom Zaren Nikolaus I. und trug damit den letzten Teil zur Vollendung der weltberühmten Hermitage bei. Auch die Fassade des Mariinsky-Theaters wurde durch einen deutschen Architekten erschaffen. Nach einem Brand wurde 1880 Victor Schröter für den Wiederaufbau des prestigeträchtigen Theaters beauftragt.
Die Deutschen beeinflussten ebenfalls das Bildungswesen in Russland. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Petrischule. Sie gehörte im 18. Jahrhundert zu einer der renommiertesten Schulen Russlands und geniesst auch heute noch einen sehr guten Ruf. Sie zeichnet sich durch einen intensiven Deutschunterricht aus und galt damals bereits als Vorzeigeanstalt im „deutschen Viertel“ St. Petersburgs, welches sich am Newskij-Prospekt befindet. Vor dem Ersten Weltkrieg war die Unterrichtssprache Deutsch. Bis zu 2000 Schüler lernten in der Petrischule von denen einige Absolventen erfolgreiche Schriftsteller, Wissenschaftler oder Architekten wurde. Nach der Revolution änderte sich die Unterrichtssprache auf Russisch, Deutsch wurde jedoch als Spezialisierung beibehalten. Heute ist die Schülerzahl auf ca. 500 Schüler begrenzt.
Mit der Oktoberrevolution folgte eine „Russifizierung“ und der ausländische Einfluss verringerte sich stark. Auch viele Deutsche kehrten Russland den Rücken zu. Den Einfluss deutscher Einwanderer kann man sich heute noch verdeutlichen mit einem Besuch auf dem Smolensker Freidhof in St. Petersburg. Diese evangelisch-lutheranische Ruhestätte wurde 1947 für die nicht Orthodoxen gegründet. Unter den rund 30`000 Begrabenen Wissenschaftler, Militärs und Handwerker finden sich viele deutsche Namen, weswegen der Friedhof auch als „deutscher Friedhof“ bezeichnet wird.
Matthias Thöny, Praktikant bei Liden & Denz in St. Petersburg