Kunstkammer – die “Kammer des Schreckens” stellt sich vor

Fragt man Petersburger was sie mit der Kunstkammer assoziieren, fallen sofort die Stichworte: „Embryonen, Missbildungen, Fehlbildungen von Tieren“, dabei ist die Kunstkammer in Sankt Petersburg mehr als nur eine Sammlung des 18. Jahrhunderts von misswüchsigen Lebewesen. Vielmehr beinhaltet das Museum eine der umfangreichsten Sammlung anthropologischer und ethnografischer Ausstellungsstücke.
Peter der Große und sein Interesse zur Wissenschaft
Peter I. war der damalige Herrscher in Russland am Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Seine Bezeichnung „der Große“ würdigte nicht nur seine Größe sondern auch seine zahlreichen Reformen in Militär, Wirtschaft aber auch in Wissenschaft. Als gebildeter Herrscher und Liebhaber der Wissenschaften, strebte er an, seiner Bevölkerung aktuelle Erkenntnisse europäischer Gelehrter nahezubringen.
Seinem Ziel folgend, veranlasste er den Bau eines Gebäudes in welchem sich heute die Kunstkammer befindet. Das Gebäude, das sich vom Ermitage aus gesehen auf der gegenüberliegenden Seite der Newa befindet, war das erste steinerne Gebäude seinerzeit in Sankt Petersburg, dass für die Öffentlichkeit vorgesehen war.
In diesem prachtvollen Barockgebäude errichtete der Zar eine Bibliothek, ein Museum, ein anatomische Theater und ein Observatorium. Da Peter der Große die Meinung vertrat, wer sich bilde solle auch belohnt werden, verlangte er nicht wie heute üblich Eintritt für das Museum. Er honorierte vielmehr den Besuch mit von ihm gestifteten „Kaffee und Zuckerbrot“.
Ausstellung von Fehlbildungen
Im damaligen Russland herrschte die Meinung vor, dass Fehlbildungen das Resultat unnatürlicher Kräfte seien. Der landläufigen Ansicht nach entstünden diese durch Hexerei oder seien das Werk des Teufels. Mithilfe der Sammlungen von abnormalen Embryonen, die Peter I von den europäischen Gelehrten Frederik Ruysch und Albert Seba erwarb, versuchte er Gegenteiliges aufzuzeigen. Neben den Sammlungen befanden sich sogar „lebendige“ Exponaten in der Kunstkammer, die dort zeitweise lebten.
Die bis heute erhaltenen Sammlungen beinhalten in Alkohol aufbewahrte Föten zum Beispiel mit Zyklopenaugen, mit drei Gliedmaßen, mit verwachsenen Körpern oder Köpfen.
Anthropologischer Museumsteil
Im krassen Gegensatz zu den schaurigen Gestalten, stehen die vielen Ausstellungsstücke, die über das Leben zahlreicher Kulturen berichten. Im ersten Teil der Kunstkammer in Sankt Petersburg erzählen Exponate von Eskimos, und verschiedenen Indianern über ihre Lebensweise. Ein Pueblo Indianer mit einer Schlange im Mund verdeutlicht Rituale während der Regenzeit. Ein anderer Indianer ist mit einer Rehhaut bedeckt und erzählt von den damaligen Jagdmethoden. Mit den Rehfellen als Tarnung wollte man sich möglichst unauffällig den Wildtieren anpirschen. Die Hoffnung bestand darin, dass das Wild seine getarnten Jäger als Gleichgesinnte betrachtet und zunächst nicht flüchtet.
Neben Eskimos und Indianern gibt es Ausstellungsräume die sich mit dem frühen Japan, China, Mongolei, Korea, Indien, Indonesien, Indochina sowie mit dem Nahen und Mittleren Osten beschäftigen.
Akademie der Wissenschaft und der Riesenglobus
Die dritte Etage ist dem Universalgelehrtem Lomonossow, zeitgenössischen Wissenschaftlern, sowie wissenschaftlichen Instrumenten gewidmet. Die vierte Etage des Gebäudes beherbergt das erste russische akademische Observatorium.
Ein weiterer Höhepunkt des Museum, für den man eine separate Führung buchen muss, stellt der Riesenglobus dar. Der Riesenglobus hat einen Durchmesser von drei Metern und man benötigte knapp vier Jahre, um im 18. Jahrhundert von seinem Ursprungsort dem Gottdorfer Schloss nach Sankt Petersburg zu gelangen.
Das auf 5 Etagen verteilte Museum mit Cafe und Imbiss ist sehr weitläufig. Bei einem aufmerksamen, ausführlichen Gang durch die Kunstkammer in Sankt Petersburg ist es angebracht um die Mittagszeit/ am frühen Nachmittag zu erscheinen, um am Ende Hast und Hetzerei zu vermeiden.