Warum man für Russisch das kyrillische Alphabet benutzt
Warum man für Russisch das kyrillische Alphabet benutzt
Für die meisten von uns ist es eines der ersten Dinge, die wir beim Erlernen der russischen Sprache in Angriff nehmen: Das kyrillische Alphabet. Obwohl es ziemlich cool aussieht, kann es am Anfang der Reise in die verrückte Welt des Russischen etwas verwirrend sein. Im Grunde ist es so, als würde man nochmal lernen zu Lesen, denn es hat nur fünf Buchstaben, die genauso aussehen und klingen wie sein lateinisches Gegenstück. Lasst euch davon aber nicht abschrecken. Ihr könnt euch hier einen Überblick über alle Buchstaben und ihre Aussprache verschaffen. Außerdem gibt es viele gute Lerntipps wie z. B. in diesem Blog. Wir werden uns allerdings der Geschichte der kyrillischen Schrift widmen.
Der Ursprung des kyrillischen Alphabets:
Die Ursprünge des kyrillischen Alphabets reichen bis ins 9. Jahrhundert zurück, allerdings kann man nicht exakt sagen, wie sich die kyrillische Schrift entwickelt hat. Nach heutigem Kenntnisstand nahm sie ihren Anfang im Mittelmeerraum. Der byzantinische Kaiser Michael III. sandte zwei Priester, Kyrill und Method, aus, um das Christentum unter den slawischen Völkern zu verbreiten. Sie schufen die Buchstabenschrift „Glagoliza“, die die Übersetzung griechischer religiöser Texte ins Altkirchenslawische erleichterte. Später entwarfen die Schüler von Kyrill und Method im bulgarischen Reich eine erste Version des kyrillischen Alphabets. Dabei handelte es sich um eine Vereinfachung des glagolitischen Alphabets, wobei die Buchstaben dem griechischen Alphabet ähnlicher waren.
Kyrillisch in Russland:
Zusammen mit dem christlichen Glauben verbreitete sich die kyrillische Schrift unter der slawischen Bevölkerung Europas. Das Altkirchenslawische wurde für sie zu einer Art Lingua franca. Und so verbreitete sie sich auch in Russland. Wenn ihr jedoch jemals eine russisch-orthodoxe Kirche besucht habt, dann werdet ihr wahrscheinlich viele Buchstaben gesehen haben, die im heutigen Russisch nicht zu finden sind. Wo sind sie hin? Nun, verantwortlich für ihr Verschwinden ist Zar Peter der Große selbst. Während seiner Herrschaft über das Zarenreich Russland führte er viele Reformen in verschiedenen Bereichen der russischen Gesellschaft ein. Darunter auch eine Schriftreform. Im Jahr 1708 führte er die „Zivilschrift“ (russisch гражданский шрифт) ein, in welcher unerwünschte Buchstaben einfach entfernt wurden. Außerdem wurden alle diakritischen Zeichen, mit Ausnahme des „Й“, abgeschafft und arabische Ziffern eingeführt. Zuvor wurden für Zahlen kyrillische Buchstaben verwendet.
Die kyrillische Schrift heute:
Heute gibt es neun Länder, die Kyrillisch als offizielle Schrift verwenden. Und genau wie das lateinische Alphabet, hat auch das kyrillische Alphabet verschiedene Anpassungen für verschiedene Sprachen. Schaut euch zum Beispiel das kirgisische Alphabet an. Es enthält die drei Buchstaben „Ң“, „Ү“ und „Ө“, die für ganz bestimmte Laute verwendet werden und daher nicht in jeder Version des kyrillischen Alphabets enthalten sind. Diese Art von Anpassungen trägt wesentlich zur phonetischen Konsistenz jeder Sprache bei.
Und die phonetische Konsistenz ist genau das, wofür ich das kyrillische Alphabet liebe. Wenn man sich das englische Alphabet anschaut, dann kann man feststellen, dass ein und derselbe Buchstabe je nach Kontext unterschiedliche Laute erzeugt. Im Russischen hat man dieses Problem eigentlich nur mit dem Buchstaben „О“, der auch ähnlich wie ein „A“ ausgesprochen werden kann. Es gibt ein lustiges Video, das zeigt, wie inkonsistent die englische Sprache ist, wenn es zur Aussprache kommt. Und ich denke, nachdem ihr es gesehen habt, werdet ihr verstehen, wie nützlich das kyrillische Alphabet tatsächlich ist. Спасибо за чтение – Danke fürs Lesen.
Geschrieben von Finn Botjes, lernt Russisch bei Liden & Denz in Riga
Aus dem Englischen von Selina Schalko