Rundgang durch die Altstadt von Riga
Ich denke, man kann mit Sicherheit sagen, dass kein Ort mehr als 800 Jahre Geschichte so gut verkörpern kann wie die Altstadt von Riga. Sie erzählt die Geschichte einer Stadt, die von deutschen Händlern und Missionaren gegründet wurde und sich zu einem wohlhabenden und einflussreichen Zentrum des Ostseehandels entwickelte, das immer wieder von europäischen Großmächten aus verschiedenen Jahrhunderten besetzt wurde, aber seine Identität trotz aller Widrigkeiten bewahren konnte. Heute ist Riga die Hauptstadt eines unabhängigen baltischen Staates – Lettland.
Heute haben wir die Möglichkeit, diese ereignisreiche Vergangenheit noch einmal zu erleben, denn sie hat diesen einzigartigen Ort geschaffen, den wir erkunden können – die Altstadt von Riga. Und genau das habe ich getan. Ich habe so viel über die Stadt, die lettische Kultur, die Geschichte und vieles mehr gelernt, indem ich einfach die historischen Sehenswürdigkeiten selbst erkundet habe. Lasst mich von einigen meiner persönlichen Highlights und Geschichten erzählen, indem ihr mich auf dieser kleinen „Tour“ durch die Altstadt begleitet. Hoffentlich könnt ihr am Ende verstehen, warum ich genau diesen Ort so faszinierend finde.
1. Das Freiheitsdenkmal:
Obwohl es technisch gesehen nicht Teil der Altstadt ist, halte ich das Freiheitsdenkmal für einen hervorragenden Ausgangspunkt. Dieses beeindruckende Wahrzeichen, das ausschließlich durch Spenden finanziert und 1935 enthüllt wurde, ist 42,7 Meter hoch. Es ist den Soldaten gewidmet, die während der Freiheitskämpfe Lettlands gegen die Sowjetunion von 1918 bis 1920 gefallen sind. Auf der Spitze des Obelisken ist die bronzene Freiheitsfigur zu sehen, die drei Sterne hält. Sie symbolisieren die drei kulturhistorischen Regionen Lettlands. An seinem Sockel sind Skulpturen abgebildet, die die lettische Kultur und Geschichte repräsentieren. Auf der Vorderseite befindet sich die Inschrift „Tēvzemei un Brīvībai“, was so viel bedeutet wie „Für Vaterland und Freiheit“. Es ziemlich überraschend, dass dieses Denkmal mit seiner nationalistischen Symbolik die sowjetische Besatzung überlebt hat, wenn auch mit veränderter Symbolik. Zu der Zeit wurde beispielsweise die Bedeutung der drei Sterne geändert, um die drei Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen zu symbolisieren.
Gehen wir nun also an der Laima-Uhr, einem berühmten Treffpunkt in der Stadt, vorbei und begeben uns in die engen Gassen der Rigaer Altstadt.
2. St. Petri Kirche
Der nächste Punkt ist die St. Petri Kirche. Sie wurde 1209 gebaut und hat eine recht turbulente Geschichte hinter sich. Der größte Teil des Gebäudes stammt aus dem 15. Jahrhundert, doch der Glockenturm hat seine eigene Geschichte. Er stürzte ein, brannte ab und wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Heutzutage findet sich dort sogar ein Lift, sodass man nicht einmal mehr Schwitzen muss, um hinaufzukommen. Allerdings wäre die Aussicht den Aufstieg auf jeden Fall wert.
Beim Rundgang um die Basilika stoßen wir auf eine Statue der Bremer Stadtmusikanten. Sie waren ein Geschenk von Rigas Partnerstadt Bremen im Jahr 1990. Die vier Tiere, die im Märchen der Gebrüder Grimm durch das Fenster schauen, symbolisieren hier die Stadt Riga, die durch den Eisernen Vorhang des Kalten Krieges blickt.
3. Rathausplatz und Haus der Schwarzhäupter:
Bis zur Eröffnung des Zentralmarktes südöstlich der Rigaer Altstadt, befand sich der Hauptmarkt am Rathausplatz. Hier kann man das Schwarzhäupterhaus bewundern. Es wurde für die Schwarzhäuptervereinigung, eine Organisation unverheirateter Kaufleute erbaut, aber während des Zweiten Weltkriegs durch eine Bombe zerstört. Ihr könnt es allerdings immer noch bewundern, denn es wurde vollständig wieder aufgebaut und zur 800-Jahr-Feier der Stadt im Jahr 2001 eröffnet. Links und rechts vom Eingang sind Reliefs der Schutzheiligen Maria und Mauritius zu sehen. Letzterer ist wahrscheinlich aufgrund seiner dunklen Hautfarbe mit dem Namen der Vereinigung verbunden. Über die genauen Details des Namens „Schwarzhaupt“” wird jedoch noch immer spekuliert. Außerdem befinden sich hier das Rathaus und das Lettische Okkupationsmuseum.
4. Rigaer Dom und Domplatz:
Entlang der Tirgoņu iela, der breitesten Straße in der Altstadt, erreichen wir den Domplatz. Heute ist er der größte Platz in der Altstadt und Schauplatz vieler großer Veranstaltungen. Allzulange gibt es ihn aber noch gar nicht. Früher befand sich dort ein Wohnhausblock, dessen Umrisse noch zu erkennen sind, wenn man sich das Pflaster des Platzes genauer ansieht. Wenn man sich umschaut, entdeckt man das Gebäude, in dem heute der Lettische Rundfunk, die ehemalige Börse von Riga und natürlich der Dom von Riga untergebracht sind. Er ist die größte Kirche des Baltikums und wurde kurz nach der St. Petris Kirche im Jahr 1211 gebaut. Wie es bei Gebäuden dieser Epoche so üblich ist, sind am Dom ziemlich viele Veränderungen und Ergänzungen vorgenommen worden, allerdings sind noch Teile der ersten Fassung erhalten. Umstrittenen Quellen zufolge war es Bischof Albert, der angebliche Gründer von Riga, der den Grundstein legte. Während der Sowjetzeit, als Gottesdienste verboten waren, wurde die Kirche wegen ihrer beeindruckenden Orgel ausschließlich als Konzertsaal genutzt. Heute findet fast jeden Tag um 12 Uhr ein kleines Konzert statt, bei dem man die Orgel in Aktion erleben kann.
5. Kunstmuseum in der Rigaer Börse:
Das Gebäude der Rigaer Börse befindet sich direkt am Domplatz und fällt durch seine orangefarbene, mit Säulen und Statuen verzierte Fassade auf. Es wurden architektonische Elemente aus der venezianischen Renaissance verwendet, um das wachsende Reichtum der Stadt zu dieser Zeit zu symbolisieren. Wie sein Name und seine beeindruckende Architektur vermuten lassen, spielte das Gebäude früher eine wichtige wirtschaftliche Rolle, da es den Börsenausschuss von Riga beherbergte. Heute befindet sich hier das Kunstmuseum von Riga. Wenn wir einen Blick in den Innenhof werfen, dann können wir das Kunstwerk Gondola von Dmitry Gutov von der Decke hängen sehen können. Das Kunstwerk enthält Teile einer echten venezianischen Gondel – passend zum architektonischen Stil des Gebäudes. Das Museum bietet viele verschiedene Ausstellungen; dieser Link führt euch zu den aktuellen Ausstellungen. Wenn wir das Gebäude durch den Hintereingang verlassen, dann sind wir schon fast bei der nächsten Sehenswürdigkeit auf der Liste angekommen.
6. Die drei Brüder:
Von Rigas mittelalterlicher Architektur ist heute nicht mehr allzu viel übrig, da die Stadt im Laufe ihrer Geschichte immer wieder alte Gebäude abgerissen hat, um neue, modernere Häuser zu bauen. Die so genannten „Drei Brüder“, drei nebeneinanderstehende mittelalterliche Gebäude, blieben jedoch erhalten und können auch noch heute besichtigt werden. Es ist das älteste noch erhaltene Wohngebäudeensemble in Riga. Heute befindet sich hier das lettische Architekturmuseum. Der Eintritt ist gratis, und auch wenn die Ausstellung nicht sehr groß ist, lohnt es sich, sie zu besuchen. Besonders interessant ist die geringe Größte der Fenster am ältesten der drei Gebäude ganz rechts. Dahinter steckt natürlich eine Geschichte. Es wurde um 1490 erbaut, und damals gab es eine Steuer, ähnlich der Fenstersteuer in England. Allerdings wurde in Riga nicht die Anzahl der Fenster besteuert, sondern deren Größe.
7. Schwedentor und die Jakobskasernen:
Wir verlassen die Stadt durch das so genannte „Schwedentor“. Es ist das einzige der acht Tore, die von der Stadtmauer bis heute erhalten geblieben sind. Es ermöglicht uns den Zugang zu den Jakobskasernen außerhalb der Stadtmauer – der letzten Station auf unserer Tour. In der Zeit der schwedischen Besatzung von 1621 bis 1711 waren hier schwedische Soldaten untergebracht, was auch den Namen des Tores erklären könnte. Die Gebäude, die man heute dort sehen kann, wurden jedoch erst im 18. Jahrhundert errichtet, da die ursprünglichen unter Zar Peter I. abgerissen und wieder aufgebaut wurden. Heute beherbergen die Kasernen zahlreiche Kneipen und Restaurants sowie die diplomatischen Vertretungen vieler lettischer Städte. Deren Wappen sind an der Ostseite dieses Gebäudes zu sehen:
Und damit ist unser Rundgang durch die Altstadt von Riga beendet. Danke, dass ihr mich auf diesem kleinen Abenteuer begleitet haben. Ich hoffe, dass ich euch mit diesem Beitrag einige Beispiele dafür geben konnte, was diese Stadt zu bieten hat, und dass ich euch ein wenig von der Geschichte dieses einzigartigen Ortes vermitteln konnte. Ich habe bei meinen Nachforschungen auf jeden Fall eine Menge gelernt und beginne, diesen Ort immer besser zu verstehen. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, diesen Artikel zu schreiben, und ich hoffe, er hat euch auch gefallen. Спасибо за чтение – Danke fürs Lesen.
Geschrieben von Finn Botjes, lernt Russisch bei Liden & Denz in Riga
Aus dem Englischen von Selina Schalko