Nanny der Oligarchen
Nanny der Oligarchen
Auch wenn die Russische Wirtschaft momentan eine Krise durchlebt, so ist der Bedarf an Bildung für den Nachwuchs der Superreichen keinesfalls weniger geworden. Die Sprösslinge sollen von klein auf mehrsprachig aufwachsen. Dazu werden fachkundige junge Leute benötigt, die sich mit den Kindern der Familie bspw. auf englisch unterhalten und ihnen so einen optimalen Start ins Leben ermöglichen sollen. Sie sollen damit bereits vorbereitet werden, um später – wenn sie alt genug dafür sind – in eine Privatschule in die Schweiz, Grossbritannien oder die USA zu gehen.
In Moskau gibt es eine Vielzahl an reichen Klienten, die sich diesen Service gerne gönnen, um ihrem Nachwuchs alle Türen zu öffnen. Sie lassen sich diese Dienstleistung auch einiges kosten. Von Vergütungen von bis zu 6000 USD im Monat ist die Rede, was einem in Moskau einen sehr schönen Lebensstandard ermöglicht. Meist stammen die junge Privatlehrer aus Grossbritannien selbst, da die Russische Elite offensichtlich ein Flair hat für die Britische Aristokratie, mit der sie sich gerne identifiziert. Die Britische Etikette steht zuoberst in der Beliebtheitsskala.
Die persönlichen Betreuer, welche meist kürzlich einen Universitätsabschluss an einer der renommierten Universitäten machten, gesellen sich zum einem ganzen Betreuerstab, der sich rund um die Uhr um das Anwesen und die Familienmitglieder kümmert. Sie erhalten einen seltenen Einblick in das alltägliche Leben der Reichen und Mächtigen in Moskau. Teilweise bleiben sie für mehrere Jahre in Moskau, um sich später bspw. ein Einfamilienhaus in der Nähe von London leisten zu können oder sie werden selbst als Vermittler tätig. Natürlich kommt es auch zu einer starken Bindung mit den Kindern und meist haben die Betreuer auch später noch Kontakt mit ihren ehemaligen Klienten, die meist sehr aussichtsreiche Karrieren antreten.
Der Job ist allerdings nicht nur angenehm. Die Russischen Familien stellen ihre eigenen Regeln auf und fordernd strickten Gehorsam. Wer nicht stresstauglich ist, für den ist diese Tätigkeit definitiv nichts. So wird beispielsweise verlangt 24 Stunden erreichbar zu sein. Die Betreuer unterzeichnen einen Disclaimer, der ihnen verbietet Details über das Privatlebend der reichen Kundschaft preiszugeben. Das Anstellungsverhältnis kann von einem auf den anderen Tag beendet werden. Dies kann auch wenig zimperlich geschehen in dem man bspw. lediglich einen Telefonanruf erhält und nach mehreren Jahren plötzlich kein Mitglied mehr der Familie ist. Zudem kommt es oft zu Spannungen mit den anderen Angestellten, da man eine privilegierte Stellung geniesst und enger in den Familienkreis integriert wird. Wer sich das jedoch zutraut, der kann einige sehr schöne Jahre in einer Parallelwelt von unglaublichem Luxus erleben.
Matthias Thöny, Praktikant bei Liden & Denz in Moskau