Die Prinzessin von Ukok und ihre Tätowierungen
Warum habe ich mich entschieden, über die tätowierte Prinzessin von Ukok zu schreiben?
In letzter Zeit habe ich mir viele Videos über Tattoos angesehen. Vielleicht liegt es daran, dass ich vor kurzem mein erstes Piercing bekommen habe. Es war das erste Mal, dass ich selbst mit der Welt der Piercings und Tattoos in Kontakt gekommen bin. Die Bedeutung, die diese Kunstwerke für manche Kulturen haben können, fasziniert mich am meisten. Aus diesem Grund habe ich mir überlegt, einen Artikel zu diesem Thema zu schreiben. Nach einigen Recherchen habe ich herausgefunden, dass Tätowierungen in vielen alten sibirischen Kulturen eine rituelle Funktion ausübten. Was mich jedoch am meisten interessierte, war die Geschichte der Leute aus der Pasyryk-Stufe, die jüngere Stufe der skythischen Kultur im Altai.
Diese Menschen lebten während der Eisenzeit im Altai-Gebirge, in der heutigen Republik Altai. Die ersten schriftlichen Beschreibungen dieses alten Nomadenvolkes stammen aus dem fünften Jahrhundert v. Chr. vom griechischen Historiker Herodot. Praktisch alle bei den Ausgrabungen auf dem Ukok-Plateau gefundenen Überreste trugen komplexe zeremonielle Tätowierungen, die auch heute noch sichtbar sind. Auch wenn in dieser Region mehrere Mumien gefunden wurden, ist die wohl berühmteste das so genannte Sibirische Eismädchen (Die Prinzessin von Ukok).
Ein über 2500 Jahre im Eis ruhender Schamane
Die Mumie der Prizessin von Ukok (oder Mumie von Altai) wurde 1993 während einer archäologischen Expedition unter der Leitung der Archäologin Natalija Polosmak im Ukok-Plateau gefunden. Die Frau war wahrscheinlich 25 Jahre alt, als sie den Tod fand. Der Permafrostboden in Sibirien hat ihren Körper mehr als zweitausend Jahre lang konserviert. Bekleidet war sie mit chinesischer Seide, was auf ihren hohen sozialen Status hinweist, denn dieser Stoff wurde normalerweise von wohlhabenden Menschen getragen, da er sehr teuer war.
An der Stelle, an der sie begraben wurde, wurden auch sechs Pferde, eine Portion Fleisch und verschiedene Ornamente gefunden, was ebenfalls auf ihren hohen Status hindeutet. Nicht weit von ihr entfernt wurden bei der Expedition auch die Überreste von zwei Kriegern ausgegraben. All diese Hinweise brachten die Archäologen zu der Annahme, dass es sich bei den Überresten eher um die eines Schamanen als um die einer Prinzessin handeln könnte. Höchstwahrscheinlich besass diese Frau irgendein besonderes Wissen.
Die Tätowierungen
Es wurde angenommen, dass die Funktion dieser Tätowierungen darin bestand, einen bestimmten sozialen Status anzuzeigen, und zwar nicht nur in der Welt der Lebenden, sondern auch in der Nachwelt. Wahrscheinlich dienten die Tätowierungen dazu, dass sich die Seelen von Menschen der gleichen Abstammung gegenseitig erkennen konnten. Die Prinzessin war von den Schultern bis zu den Händen tätowiert. Die Tätowierungen auf ihren Armen stellten mythologische Tiere dar, wie zum Beispiel einen Hirsch mit dem Schnabel eines Greifen und dem Geweih eines Steinbocks, oder ein Panter mit Schafsbeinen und einem Hirschkopf. Die beiden Krieger, die mit ihr begraben wurden, hatten nicht nur mehr Tätowierungen als sie, sondern deren Tätowierungen hatten auch eine Übereinstimmung mit der Symbolik der Tattoos der Prinzessin. Die Archäologen vermuten, dass diese Tätowierungen mit einer Mischung aus Russ und Fett kreiert wurden, die man dann in die durchbohrte Haut injizierte.
Laut Natalija Polosmak kann man davon ausgehen, dass die Schulter die Körperstelle war, an der die Leute aus der Pasyryk-Stufe ihre erste zeremonielle Tätowierung erhielten. Fast alle Mumien dieses Volkes, die nur eine Tätowierung hatten, trugen diese auf der linken Schulter. Eine weitere Vermutung ist, dass die Anzahl der Tätowierungen in Zusammenhang mit dem Alter steht: Je älter die Person war, desto mehr Tattoos hatte sie.
Die Tätowierungen auf den Überresten dieser bedeutenden Frau gehören bis heute zu den komplexesten, die je auf einem Körper aus einer so weit zurückliegenden Epoche gefunden wurden.
Kontroverse Diskussionen
Nach ihrer Entdeckung wurden die sterblichen Überreste der Ukok-Prinzessin viele Jahre lang im Institut für Archäologie und Ethnographie in Nowosibirsk aufbewahrt. Die Einwohner des Ukok-Plateaus protestierten schon seit der Entdeckung des Grabes gegen die erzwungene Verlegung der verstorbenen Prinzessin aus ihrem Heimatland.
Die Entnahme der Leiche aus dem sibirischen Permafrostboden wurde von den Einheimischen als Sakrileg empfunden. Die Bewohner des Altai glaubten, dass ihre Entführung die Ursache für katastrophale Ereignisse in der Region war, wie beispielsweise Erdbeben und Waldbrände. Erst 2012 kehrten die Reste der sibirischen Prinzessin in die Republik Altai zurück, wo sie nun in einem Mausoleum im Nationalmuseum der Republik Altai in Gorno-Altajsk aufbewahrt werden.
Höchstwahrscheinlich werde ich die Republik Altai nicht besuchen können, da mir nur noch ein Monat in Russland bleibt. Aber es könnte ein interessanter Anhaltspunkt für zukünftige Besuche sein. Vielleicht werde ich diesen Ort dann besuchen, wenn ich mir endlich selbst ein Tattoo stechen lasse, anstatt mir nur grundlos Videos von Tattoos auf YouTube anzuschauen.
Wenn du dich für Sibirien und seine Weite interessierst und eine Reise dorthin planst, könnten dir einige Tipps für dein Abenteuer hilfreich sein. Hier findest du einige Artikel (auf Englisch), die für dich interessant sein könnten:
- Towards the East – The Trans Siberian Railway
- Travel Russia: Study Russian in Irkutsk, Siberia!
- The Seven Wonders: close-up of Russian Nature
Wer mehr über die Prinzessin von Ukok erfahren möchte, kann sich diesen ausführlichen Artikel (auf Englisch) aus der «Siberian Times» durchlesen.
Vielen Dank fürs Lesen! Ich hoffe, ich konnte dich dazu bringen, etwas Neues zu entdecken, von dem du noch nie gehört hattest. Das ist so ziemlich das, was mir beim Schreiben dieses Artikels passiert ist!